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Offener Brief zum Rücktritt der Kommandanten Fischer und Wenger

Sehr geehrte Mitbürgerinnen und Mitbürger,

Mit Interesse verfolgen wir die Berichterstattung zum Rücktritt unserer Kommandanten in den öffentlichen Medien. Nachdem sich unserer Meinung nach die Berichterstattung zu sehr auf die Beschaffungsmaßnahmen der Stadt bezieht, wollen wir diesen offenen Brief nutzen, um Ihnen den Sachverhalt zum Rücktritt genauer zu erläutern, da dieser deutlich komplexer ist.

Die Beschaffungsmaßnahmen der Stadt sind durchaus gut und mit Augenmaß betrieben, nur liegt hier der Teufel im Detail. So ist es aber heutzutage nicht mit der Anschaffung an sich getan, sondern für jedes Einsatzmittel müssen Einweisungen und Schulungen stattfinden, um einen fehlerfreien und vor allem rechtssicheren Betrieb gewährleisten zu können. Viele Vorschriften ergeben sich nicht nur aus der UVV Feuerwehren, sondern es müssen auch andere Vorgaben genau beachtet werden. Ob es sich nun um den Betrieb eines Ladekranes handelt, oder um die richtige Anwendung der persönlichen Schutzausrüstung…. Ja auch vor dem ersten Anziehen einer neuen Schutzjacke muß der Anwender die Leistungsmerkmale seiner Kleidung kennen. Dies sind Unternehmerpflichten welche auch eine Kommune zu beachten hat. Hier sind und waren Defizite auf kommunaler Seite zu erkennen, welche die beiden Kommandanten in ihrer Funktion als örtlich Verantwortliche für die Arbeitssicherheit wahrnehmen und wahrgenommen haben. Natürlich sind solche Vorgaben mit finanziellen und personellen Aufwand verbunden; in jedem mittelständischen Betrieb normal, bei der Stadtverwaltung mit Verwunderung aufgenommen.

Die Feuerwehren stellen in einer Kommune einen wichtigen Pfeiler in der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr dar. Dies äußert sich nicht nur in der aktiven Gefahrenabwehr wie sie der Bürger in Form von Blaulicht und Martinshorn wahrnimmt, sondern ist heute viel tiefgreifender. Angefangen von Beurteilungen von Feuerwehrplänen und Anfahrten zu besonderen Objekten, die Erstellung von Sondereinsatzplänen und das Beüben von Sonderobjekten sind ebenfalls Maßnahmen welcher ein ehrenamtlicher Kommandant zu gewährleisten hat. Es ist heutzutage bei Großveranstaltungen nicht mehr damit getan, daß ein Sanitätsdienst vorhanden ist, sondern es müssen vielfältige Gefahrenpunkte erkannt und beplant werden. Diverse Einsätze der Feuerwehren im Bundesgebiet in der Vergangenheit zeigen, daß nicht nur der Brandschutz sichergestellt sondern auch die Einrichtung einer örtlichen Einsatzleitung, Aufstellflächen für nachrückende Einheiten, sowie Betreuung von Unverletzten in öffentlichen Gebäuden zur Veranstaltungssicherheit beitragen. Ganz zu schweigen von den Anwohnern welcher auch während der Betriebszeiten der Veranstaltung das Recht auf Rettung haben. Der Blick über den Tellerrand zeigt, daß dies viele Kommunen in anderen Bundesländern (z.B. Baden-Württemberg) schon lange erkannt haben und Kommandanten im Hauptamt einstellen, weil dies ehrenamtlich ohne Unterstützung der städtischen Verwaltung nicht machbar ist. In der Aichacher Stadtverwaltung wird dies eher schleppend umgesetzt, obwohl die Vorschriften eindeutig sind. Man könnte eher den Eindruck gewinnen, daß hier die Feuerwehr als lästiger Bittsteller auftritt.

Auch sind die Aus- und Fortbildungspflichten für die Kameradinnen und Kameraden seit Jahren deutlich nachgeschärft worden. So müssen heutzutage Atemschutzgeräteträger sich selbst um ihre jährliche Unterweisung und praktische Tätigkeiten kümmern, Maschinisten müssen sich Unterweisungen für die Blaulichtfahrt und Einweisungen in Spezialgeräte (z.B. Ladekran, Seilwinden, usw.) unterziehen. In einer Zeit der hauptberuflichen Einbindung und veränderten Freizeitverhalten kann dies nicht mehr in einer einmaligen Schulung am Standort stattfinden, es müssen neue Medien wie e-learning etabliert werden. Auch hier meist in den mittelständischen Betrieben Standard, im kommunalen Bereich Neuland mit entsprechenden finanziellen Aufwand. Werden diese Pflichten nicht erfüllt, stehen die Kommandanten dafür gerade, für die Rechtssicherheit muß gesorgt werden um die ehrenamtlichen Helfer abzusichern.

Die Verantwortlichen der Feuerwehr wissen um die finanziellen Nöte der Stadt und gehen durchaus sorgsam mit den ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln um. Aber wir müssen auch neue Strategien und Versorgungsschwerpunkte im Blick behalten, um dem Aichacher Bürger gute und schnelle Hilfe zukommen zu lassen. Daher müssen Gerätschaften angepasst und unterhalten werden. Die Feuerwehr Aichach verfügt über eine Vielzahl von Mitgliedern welche in ihrem Hauptberuf Expertisen abgeben und diese an die städtische Verwaltung weitergeben. Alleine durch diesen Umstand konnte sich die Stadt bei der Beschaffung des neuen Hilfeleistungslöschfahrzeuges tausende von Euro sparen, da die Ausschreibung ohne Zuschaltung eines Ingenieurbüros erfolgte. Ein Hinterfragen dieser fachlich einwandfreien Standpunkte bindet oftmals knappe städtische Ressourcen und fördert nicht gerade das Ansehen der Stadt und ihrer Feuerwehr im Umland.

Mit dem Weggang der beiden Kommandanten verliert die Stadt Aichach erstmals zwei Kameraden welche durch ihren Hauptberuf die entsprechenden Qualifikationen für Gefahrenmanagement, Arbeitssicherheit, Personalführung, Vorbeugenden Brandschutz und Notfallmedizin im Ehrenamt vereint haben. Wir bedauern dies sehr, da wir hier unsere fachliche und auch menschliche Führung verlieren.
Gemäß dem bayerischen Feuerwehrgesetz ist die Gemeinde für den Unterhalt und Betrieb ihrer Feuerwehr(en) zuständig. Wir wünschen daher der Kommune eine glückliche Hand bei der Suche nach den neuen Kommandanten.

Gez.
Führungskräfte der Feuerwehr Aichach
Anlauf, Robert
Bardenhagen, Patrick
Bergmeier, Markus
Grillmair, Andreas
Köberlein, Andreas
Lindner, Mario
Neumair, Florian
Schumm, Robert
Schoder, Roman
Schulz, Benedikt
Silber, Andreas
Steidle, Thomas
Zucht, Philipp

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